[artinfo] Seminar: Theorie und Praxis freien Radios

f, ft@gewi.kfunigraz.ac.at
Thu, 10 Jan 2002 12:40:45 +0100


Ole Frahm / Torsten Michaelsen (Hamburg):

Theorie und Praxis freien Radios

7-t=E4giges Seminar im Rahmen der Sommeruniverstit=E4t des Evangelischen
Studienwerks

Voraussichtlich vom 19.-25. August 2002 in Hamburg


Radio z=E4hlt zu den "Massenkommunikationsmitteln". Bertolt Brecht kritisier=
te
schon 1932, da=DF Radio nicht kommunikativ genutzt werde, sondern "ein reine=
r
Distributionsapparat" ist, und forderte: "Der Rundfunk ist aus einem
Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln". Wir
wollen in einem ersten Schritt Brechts und auf ihn folgende Theorien
(Enzensberger, Baudrillard) in dem Seminar gemeinsam lesen, genau
analysieren und =FCberpr=FCfen. Sie kritisieren einerseits die faktische
Nutzung, andererseits das Radio grunds=E4tzlich als Medium. Die Theorien
sollen helfen, das Machtgef=E4lle zwischen Sender und Empf=E4nger, also die
Distribution, die Zerstreuung des Gesendeten zu =FCberwinden. Die Radiotechn=
ik
wird dabei meist als Entfremdung verstanden, die durch authentisches
Kommunizieren aufgehoben werden soll.=20
Wir gehen davon aus, da=DF diese Analysen nicht einfach als Grundlage freien
Radios =FCbernommen werden k=F6nnen. Ihr Begriff von Kommunikation ist ebens=
o
fragw=FCrdig (weil das Machtgef=E4lle in dieser ignoriert wird), wie ihre
geradezu zwanghafte Abwertung des Radios als Medium der Distribution der
Stimme und der Zerstreuung. Warum sollten die emanzipativen M=F6glichkeiten
des Radios nicht gerade in der Zerstreuung liegen? Im Seminar soll uns die
These leiten, da=DF die Radiotheorie von einer Kommunikationstheorie in eine
Distributionstheorie zu verwandeln ist: Wie l=E4=DFt sich die gleichzeitige
Verteilung der Stimme auf viele Ger=E4te verstehen und nutzen? Wie l=E4=DFt =
sich
das Machtgef=E4lle zwischen Sender und Empf=E4nger politisieren?=20
Die theoretische Diskussion =FCber das Radio findet nicht im "luftleeren Rau=
m"
statt, sondern hat eine Geschichte, die eng mit der Nutzung des Radios als
Mittel von Politik verbunden war und ist. Diesen historischen Kontext wollen
wir in einem zweiten Schritt rekonstruieren. Der Schwerpunkt wird auf der
Geschichte abweichender Nutzungen des Radios liegen, insbesondere freier
Radios, die ihre Praxis oft selbst theoretisiert haben (z. B. Radio Alice
aus Bologna).=20
Die theoretischen Auseinandersetzungen und das historische Wissen sind kein
Selbstzweck, sondern erm=F6glichen eine andere, zu testende Radio-Praxis: Da=
s
Seminar wird in Hamburg stattfinden, wo wir seit =FCber acht Jahren in einem
=46reien Radio, dem Freien Sender Kombinat arbeiten. Dessen Infrastruktur un=
d
=46requenz k=F6nnen wir nutzen. Dabei spielt die Erlernung journalistischer
Techniken keine Rolle. Es geht um die kritische Aneignung des Mediums. Diese
wird parallel zu den ersten beiden Schritten stattfinden, um schlie=DFlich i=
n
dieser Spannung von Theorie, Geschichte und Praxis =FCber neue Konzepte f=FC=
r
das Radio nachzudenken und unter Live-Bedinungen auszuprobieren und
auszuwerten.=20
Ein Reader mit den n=F6tigen Texten, H=F6rproben usw. wird zur Verf=FCgung
gestellt. Wir wollen drei Referenten einladen, die uns =FCber Aspekte
informieren, die uns weniger vertraut sind, wie z. B. =DCbertragungstechnik
des Radio oder Internetradio.

Es wird eine Tagungsgeb=FCr erhoben, die nur hoch ist, wenn die =DCbernachtu=
ng
nicht privat vorgenommen wird. Die genauen Kosten sind beim Evangelischen
Studienwerk zu erfragen.
Kontakt: 	Torsten 040 / 439 28 85 - torsten@fsk-hh.org
		Ole: 040 / 342 872 - frahm@uni-hamburg.de
Weitere Infos: 	evstudienwerk.de=20
Anmeldung bei 	Frederike Fass 02304 / 755 211 / fass@evstudienwerk.de